ntra communem pseudo-philosophorum opinionem. De Platone, Aristotele, Galeno, Porphyrio. Deomnibus Arifterelis interpretibus Grucis, LATINIS e Arabibus: reviter quid fentiendum re&te philosophaturis. De ratione philosophandi o de corrigendis instaurandisq; Philosophia studis, qua nunc maxima exparte perveriae corruptfaunt. Marius Nizolius stammt aus Brescello in der Provinz Reggio d'Emilia.^) Als Geburtsjahr wird allgemein das Jahr 1498 und als Todesjahr 1576 angegeben. Indes ist diese Be- rechnung nach der Untersuchung Batistellas auf Grund in- schriftlicher Argumentation um ein Dezennium zu spät ange- setzt. Demzufolge lebte Nizolius in der Zeit von 1488 bis 1566.2) Ueber seine ersten Lebensjahre und Studien ist nichts bekannt. Im Jahre 1522 finden wir ihn am Hofe des Grafen Gambarra, eines eifrigen Beschützers und Pflegers der Wissenschaften. Ihm widmete auch Nizolius seine erste, im Jahre 1535 abgefasste Schrift, die Observa- tiones in M. Tullium Ciceronem". Nachdem er eine lange Zeit als Hauslehrer in der gräflichen Familie tätig gewesen, kam er im Jahre 1547 als Professor an die Universität zu Parma. Im Jahre 1562 wurde er, bereits 74 Jahre alt, als Leiter an die von dem Herzog Vespasiano Gonzaga neu- errichtete Universität zu Sabbioneta berufen. Nizolius war damals ein weithin berühmter Gelehrter : „un vecehio consu- raato negli studi delP eloquenza e della filosofia, chiaro per molte opere, vittorioso neue concertazioni letterarie e per lungo usu di leggere suUe cattedre delle cittä piü cospicue praticissimo . . ., di cui la memoria nei fasti dell' italica letteratura, non perirä giammai."^) Altersschwäche und ein sich immer mehr verschlimmerndes Augenleiden hemmten den Greis gewaltig in dem schweren Berufe, den er auf sich geladen hatte. Schon nach 4 Jahren (1566) ereilte ihn der Tod, ob zu Sabbioneta, oder in seiner Heimat Brescello, lässt sich nicht bestimmen.*) 1) Vergl. Jöcher, Gelehrtenlexicon sub Nizolio III. 962 xl V. 760—61 (Suppl.), der sehr ung'enau ist. Ausführl. biographische Notizen bringt Ruggero Batistella : Mario Nizolio op. cit. '61 ff. 2) Batist 31. 3) Bat. 36. 4) Bat. 33. — 29 — Die Tätigkeit des Nizolius erstreckte sich zunächst nur auf das Gebiet der klassischen Sprachen. Er beschäftigte sich mit der Interpretation griechischer und lateinischer Autoren, vor allem des Cicero. i) Mit rastlosem Fleiss ver- band er einen kritischen und vor allem natürlichen Sinn. 2) Aus dem letzterem Umstand erklärt sich auch wohl der realistische Standpunkt, den er in philosophischer Hin- sicht verfocht. Zu eigentlich philosophischen Spekula- tionen kam Nizolius erst spät und zwar durch einen mehr äusseren Umstand. Während seines Aufenhaltes zu Parma geriet er in einen heftigen Streit mit Marco Antonio Majoragio, Professorder Eloquenz an der Universität zu Mailand.^) Es handelte sich in der Hauptsache um zwei Fragen : Lateinischer Stil und Philosophie, Cicero und Aristoteles. Majoragio war wie Nizolius ein grosser Verehrer Ciceros, jedoch zog er der eklektischen Philosophie desselben die reine Lehre des Aristo- teles vor und vertrat die Ansicht, dass man die Philosophie Ciceros mit der des Aristoteles in Einklang bringen könne. Nizolius dagegen strebte dahin, den Aristoteles für immer zu verbannen, indem er mit Ueberzeugung den Standpunkt von der falschen und unnützlichen aristotelischen Doktrin vertrat.*) Diesem Streit, der auf beiden Seitem unerbittlich und un- würdig geführt wurde, machte schliesslich der Tod Majo- ragios (1555) ein Ende.^) 1) Bat. 37 ff. Le opere ei giudizi dei eritici. 2) Bat. 1. c. 37. 3) Bat. La polemica con M. Antonio Majoragio 33 ff. vergl. femer Gerh. Phil. IV. 135 und Nizolius in seiner Vorrede zum An- tibarbarus : Ad Lectores contra Majoragium. 4) Bat. 34. 5) Bat 35. Nizolius soll in zehn Jahren nicht recht haben schlafen können ! (Jöcher a. a, 0.) ,,nou solum calamo et chartis ve- nenatisimis, sed etiam putrido et foetenti illo ore suo contra vitam et mores nostros usque in hunc diem deblateravit et deblaterat" (Nizolius ad lectores in De veris principiis). „ipse (Maj.) qui licet, de magnis et obscuris Philosophiae rebus loqui conetur, tarnen vere est acocfoc, et tantum seit de Philosophia, quantum asinus de Musica" (Vorrede). — 30 - Majoraj^io hatte auf die Angriffe des Nizolius eine ,,Apologia" erscheinen lassen, die Nizolius mit einer ,,Anti- apologia" erwiderte. Es folgte nun seitens Majoragios „Re- prehensionum libri duo contra M. Nizoliura", worauf Nizolius mit seinem Antibarbarus Philosophicus antwortete. Seine AngriflFe fasste Nizolius dann noch einmal zusammen in seiner Schrift : De veris principiis et vera ratione philosophandi contra Pseudophilosophos In der Hauptsache war Nizolius mehr gelehrter Hu- manist als philosophischer Denker oder Kenner der älteren Philosophie. Sein Eifer für die Beförderung der klassischen Latinität veranlasste ihn zur Abfassung einer Reihe von Werken, die uns ein Bild geben von seiner bewunderungs- würdigen Arbeitskraft. Nur die wichtigsten seien genannt. i) Als sein Hauptwerk ist wohl anzusehen ein Thesaurus sive Latinae linguae Lexicon, das, wie auch die meisten der anderen Werke, zahlreiche Neuauflagen erlebte. Das ge- nannte Werk war bereits 1535 unter dem Titel Observa- tiones in M. TuUium Ciceronem, dann als Apparatus latinae locutionis und endlich als Thesaurus Ciceronianus in Vene- dig 1538 und 1551, und erweitert von Basilio Zanchi 1570 gedruckt wonien, 1613 erschien es zu Frankfurt und 1734 zu Padua mit beigedruckten Ciceronianischen Phrasen, die nicht von Nizolius stammen. 2) Ausserdem verfasste er die bereits erwähnte ,,Antiapo- logia pro M. Tullio Cicerone et Oratoribus" contra M. An- tonium Majoragium Ciceromastigen'', ferner ,,Defensiones locorum aliquot Ciceronis contra disquisitiones Coelii Calcag- nini" (Venedig 1557) und übersetzte aus dem Griechischen ins Lateinische „Galeni explanatio obsoletarum vocum Hippocratis*. In das Jahr 1553 fällt die Herausgabe des Werkes, welches das vollständige philosophische System des Nizolius enthält und mit vollem Titel lautet : De veris prin- cipiis et vera ratione philosophandi contra Pseudophilosophos libri IV, in quibus statuuntur ferme omnia vera verarum ar- 1) Bat. 37 ff. 2) Bat. 3a — 31 — tium et scientiarura principia, refutatis et rejectis prope Om- nibus Dialecticorum et Metaphysicorura principiis falsis, et praeterea refutantur fere omnes Marci Antonii Majoragii ob- jectationes contra eundem Nizoliura usque in hanc diem editae. Parmae apud Septimium Viottum 1553 in 4to.^) Schon die Titel der Werke beweisen, dass die Tätig- keit des Nizolius eine mehr philologische als philosophische gewesen ist. In der ersteren Eigenschaft hat er daher auch stets warme Anerkennung gefunden. Caelius Secundus, ein späterer Herausgeber seiner Observationes, nennt ihn im Prooemium einen gelehrten Mann, der sich unstreitiges Verdienst um die lateinische Sprache erworben: Nizolius quasi Deus aliquis linguae Latinae tanquam universitatem quandam fabricatus est, quam postea hominibus non solum ntendam, verum etiam excolendam tradidit Aehnlich äussert sich Simon Grynacus in der Vorrede zum Thesaurus Ciceronia- nus des Nizolius : Videtur hie vir in hoc uuo opere, post- quam delectum Latinae dictionis, ne promiscue hauriremus, puritatemve linguae confunderemus, optimum egit, simul et viam loquendi certam posthac et expeditam monstrasse et vim ac copiam sermonis Latii totius omnem effudisse et Ciceronis libros nunc deum legendos omnibus exhibuisse. Einer seiner Verehrer H. Fröhlich besingt das Lob des italienischen Humanisten begeistert in dem Ruhmespoem : ,, Nizolius quem thesaurum congessit in unum, ,,Ex Latiae linguae fönte, labore gravi: ,,Tro)anas longe gazas superare memento, jjFortunas Crassi, divitiasque Midae." Für die Philosophie ist Nizolius hauptsächlich von Be- deutung, weil er der einzige Grammatiker ist, der Schule ge- macht hat in der Philosophie und ferner als erster unter den „filosofi razionali" in Italien ausführhch gehandelt hat Ton der ,,Dottrina metodica".^) Um indes den Philosophen Nizolius ganz nach Verdienst würdigen zu können, muss man die Zeit, in der er lebte, in Rechnung ziehen. 1) G. IV^. 136. Bat. 39. Daselbst auch die übrigen kleineren Schriften. 2) Siehe Bat 41. - 32 - Die Renaissance ist in philosophischer Hinsicht charak- terisiert durch die grosse Armut selbständiger philosophischer Spekulation und durch vorläufiges Fortwuchern der schola- stischen Philosophie. Daneben kommen als positive Momente einerseits die Erneuerung antiker Systeme — vor allem ein von den humanistischen Philologen in engster Anlehnung an Cicero gezüchteter Eklekticismus — andererseits eine mit der letzten Erscheinung eng zusammenhängende rhetorische Be- handlung der Philosophie, speziell der Logik in Betracht. Die neologischen Humanisten mussten den Schriften Ciceros wegen der Schönheit ihrer sprachlichen Form gegenüber dem ent- stellten und verwilderten Aristotelismus der spätscholastischen Philosophie mit ihrer dunklen und vielfach sinnlosen Diktion den Vorzug geben. Daher sehen wir alle „Philosophen"^ der Renaissance in dem Streben, durch Beseitigung der sinn- losen Auswüchse den reinen und ursprünglichen Aristoteles für den literarischen Betrieb der Logik wiederherzustellen und schliesslich die logische Disziplin zu einer rhetorischen umzugestalten, einig gehen. Galt der Scholastik Aristoteles^ der philosophus xat' l^o-/'»]v, als Norm in jeder strittigen Sache, so bekämpfen die Humanisten, wie jeden Autoritätsglauben, 80 vor allem die Ausschliesslichkeit, mit welcher man über- haupt nur dem Aristoteles, den man noch dazu in entstellter Form in Händen habe, Wert beilege. Als Massstab und Norm will man vielmehr den eigenen gesunden Menschen- verstand und die fünf Sinne gelten lassen. Und in diesem Ge- sichtspunkte haben wir die Brücke zu der sensualistisch-no- minalistischen Tendenz, die gleichfalls mehr oder weniger die Philosophen der Renaissance insgesamt beherrscht. Neben dem Italiener Nizolius kommen hier als bedeu- tende Vertreter der Renaissance-Philosophie in Betracht der Römer Laurentius Valla, der Deutsche Rudolph Agri- cola und der Spanier Ludovicus Vives. Nizolius bringt die Bestrebungen seiner Vorgänger zu einem gewissen systematischen Abschluss, sich grösstenteils an sie anschliessend, vielfach dieselben aber auch kri- tisierend. - 33 — Von seinen Werken mass er selbst dem Antibarbarus Philosophicus die Hauptbedeutung zu, da er in ihm eine Re- formatio Philosophiae bewirkt zu haben meinte. Aber den- noch erntete er gerade durch seinen Index Ciceronianus seine Berühmtheit, während seine Philosophie schon beim Entstehen kaum dem „Ersticken" entging: „Philosophia Nizo- liana prope in ipso partu suffocationem aegre effugit."^) Das Geschick des „in tenui labor, at tenuis non gloria" bei Nizo- lius begründet Leibniz^) durch den Umstand, dass Nizolius in Italien schrieb, wo damals Aristoteles und die Scholastiker in allzu tyrannischer Weise herrschten. Leibniz ist der Ansicht, dass nunmehr seine Zeit, wo man wenigstens zugebe, dass auch ein Aristoteles irren könne, auch den Verdiensten eines Nizolius gerecht werden könne. ^) Welche Wertschätzung Leibniz selbst dem italienischen Philosophen entgegenbrachte, beweisen ausser der von ihm besorgten zweimaligen Herausgabe des Antibarbarus die zahlreichen Anmerkungen, die er in den Text hineinsetzte, sowie die Abhandlungen, die er im Anschluss an die Edition des Nizolischen Werkes erscheinen liess. Unter ihnen ist die ausführlichste und wichtigste die sogenannte Disser- tation über den philosophischen Stil: Dissertatio Prae- liminaris de alienorum operum editione, de Philosophica dicti- one, de lapsibus Nizolii, wie Leibniz sie betitelt. Er schickte dieselbe nebst einer Widmung an den Baron von Boineburg, ausserdem einen Brief an Thomasius „über die Versöhnung des Aristoteles mit der neuen Philosophie" — De Aristotele recentioribus reconciliabili — sowie Exzerpte aus Briefen des Thomasius ad Editorem (Leibniz) der eigentlichen Ab- handlung des Nizolius voraus. 1) G. IV. 134 f. 2) Q. IV. 137. 3) „vel hoc saltem in confesso est, Aristotelem errare posse" (G. a. a. 0). Renhissanoe and Philosophie, Heft V. - 34 - b) Leibniz' üebereinstiramung mit Nizolius. a) Die philosophische Diktion. Gerade die Schrift des Nizolius musste Leibniz beson- ders anziehen; war doch desselben Massstab in der Beur- teilung und Behandlung fremder Autoren derjenigen unseres Leibniz so durchaus ähnlich. „Auch Nizolius knüpfte an die Scholastik, die Alten — vor allem Aristoteles — an, übernahm das viele Gute , das sich bei ihnen fand und besserte und reinigte, wo es ihm gut und notwendig schien" ^). In dieser Behandlungsweise fremder Autoren sieht Leibniz ein Hauptverdienst des Nizolius; er hält ihn daher den Philosophen seiner Zeit entgegen 2), die nur darauf be- dacht seien, sich ausschliesslich mit ihren eigenen Gedanken- erfindungen zu befassen. Ein gleiches Mass von Uebereinstimmung mit Nizolius bekundet Leibniz in der Beurteilung oder vielmehr Verur- teilung der Scholastik. Mit Recht musste seiner Ansicht nach Nizolius nach dem Studium des stofflich vielseitigen und stilistisch glänzenden Cicero die scholastische Behand- lungsweise, „die mit ihren Finsternissen und ihrem geringen Gehalt an Nützlichem irgendwelcher Art jeglicher elegantia entbehrte", verachten. Zwar sucht Leibniz, die Scholastiker in Schutz nehmend, ihre Fehler und Schwächen zu ent- schuldigen mit den damaligen ungünstigen Zeitverhältnissen. Welchen Wert er aber im Innersten seines Herzens der Scholastik beimisst, beweisen die zornigen Vorwürfe, die er denen macht, ,,die noch jetzt, nachdem die Früchte gefun- den, lieber die Eicheln essen wollen und mehr sich versün- digen durch ihren Eigensinn als durch Unwissenheit."') Ihnen 1) Gerh. IV. 135. Ritter 446. 2) G. IV. 151 vgl. auch 135. 3) G. IV. 156. 157. — 35 — hält er entgegen den unvergleichlichen Verulamius und die übrigen ausgezeichneten Männer unter den Neueren, die die Philosophie „ex aereis divagationibus aut etiam spatio ima- ginario ad terram hanc nostram et usum vitae revocave- runt"i). Im Zeitalter der Erneuerung der Wissenschaften, so behauptet Leibniz^), hat es viele Gelehrte gegeben, die gegen die barbarische Diktion der Vulgärphilosophen zu Felde zogen, aber es war bei ihnen mehr ein ,,Carpere" als ein „Emendare". Die einen jammerten, andere mahnten und gaben Ratschläge, wieder andere donnerten gegen die scho- lastischen Philosophen und nannten sich im Gegensatz zu ihnen ,, Reales", aber sie unterliessen es, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Da sei es nun Nizolius gewesen, der mit Eifer und Fleiss und, wenn man ihn läse, mit solcher ,,efficacia" wie kein anderer Schriftsteller sich wirklich damit befasst habe, den Boden der Philosophie von jenen „spinae verborum'' von Grund aus zu säubern. Er verdiene es daher als ,,exem- plum dictionis philosophicae reformatae" und zwar, soweit es für die Logik, das Vestibulum Philosophiae, gelte, angesehen zu werden. Leibniz knüpft hieran den Wunsch, dass in seiner an Talenten so reichen Zeit sich Männer fin- den möchten, das Werk des Nizolius für die übrigen Teile der Philosophie fortzusetzen. Er selbst würde, wie er hinzu- fügt, sich dieser Aufgabe unterziehen, wenn er sich nicht teils durch andere Studien daran verhindert sähe, teils aber fürchten müsse, anderen, die dieselbe Sache besser leisten möchten, vorzugreifen. Diese Einwendungen halten ihn jedoch nicht ab, auf die Nizolianischen Erörterungen wenigstens im allgemeinen einzugehen und ihnen Neues hinzuzufügen. Rühmend hebt 1) G, IV. 193. Ueber das Verhältnis Leibnizens zur Scho- lastik siehe: Josef Jasper, „Leibniz und die Scholastik* Leipzig- 1898/99, ferner Rintelen „Leibnizens Beziehungren zur Scholastik" München 1903, besonders pg. 4 ff. 2) G. IV. 151. — 3« — Leibniz hervor, wie Nizolius überall nicht nur fordere, son- dern auch selbst in Anwendung bringe eine ,,dicendi ratio naturalis et propria, simplex et perspicua, et ab omni de- torsione et fuco libera, et facilis et popularis et e media sumta, et congrua rebus, et luce sua juvans potius memo- riam quam Judicium inani acumine confundens". ^) Nizolius stellt fünf allgemeine Prinzipien des rechten Philosophierens auf 2), die aber, wie Leibniz bemerkt, mehr auf die Rede als auf das Denken Bezug nehmen. Als erste Bedingung fordert er die Kenntnis des Griechischen und des Lateinischen, als zweites das Vertrautsein mit den Vorschriften und Lehren, die sich bei den Grammatikern und Rhetoren finden, ferner drittens eine umfassende und an- dauernde Lektüre der besten griechischen und lateinischen Au- toren und die Kenntnis des allgemeinen Sprachgebrauchs so- wohl, soweit es die obigen betriflft, als auch des Volkes, das nach Horaz die Gewalt und Bestimmung hat über die Norm der Redeweise. 3) Ein viertes Prinzip ist die Freiheit und wahre Willkür im Denken und Urteilen über alle Dinge. Jeder, der richtig philosophieren will, darf keiner bestimmten philosophischen Sekte anhängen, sondern soll vielmehr seinen eigenen fünf Sinnen, seiner Intelligenz und der Erfahrung als seinen alleinigen Lehrern und Autoritäten folgen. End- lich fordert Nizolius als letzte und fünfte Bedingung, dass man nicht abweiche von der gewöhnlichen und bei allen 1) G. IV. 138. 2) N. 1. I. C. I. p^. 6. 3) Siehe auch N. II. IL pg'. 126 „nemini fas est, ut Graeci dieunt, ovofAaxoTto-.sIv, hoc est. nova nornina tingere, nisi populo Atque ideo Dialectici non recte faciunt sed maximum committunt Vitium, qui primum impudenter et barbare nominant res a se non inventas et ab aliis ante nominatas, ut exempli gratia, quae Gram- niatici et Oratores jam inde a principio vocaverunt nomina, verba, adjectiva, substantiva, supposita, apposita, propositiones, assump- tiones et pluriina alia huiusmodi, ipsi praetermissis et rejectis pe- nitus nominibus antiquis et rectis. appellant terminos, copulas, i'oncreta, abstracta, subjecta, praedicata, maiores, luinores et alia id genus sexcenta". - 37 - Gelehrten üblichen Redeweise, nicht za kurz oder dunkel schreibe oder lese, keine ,,quaestione3 inconsistentes", nichts Paradoxes oder Ungebräuchliches oder Neues in die Philo- sophie einführe, falls letzteres nicht unbedingt nötig ist. Besonderen Nachdruck legt Nizolius darauf, dass ja nicht die „mos scribendi et loquendi a populi ac vulgarium lo- 7 2) N. IV. VI. 334 ff. ■a) N. IV. VII. 345. — 78 — allem den dialektischen, und metaphysischen und wo immer er handele von seinen mehr als monströsen genera, species, secumlae substantiae. universalia realia,abstractio, demonstratio u. s. w., verdiene er den höchsten Tadel. In summa be- hauptet er von Aristoteles : ubi bene dicit nihil melius, ubi male nihil peius posse excogitari,^) Auch diese Ansicht des Nizolius teilt Leibniz durchaus nicht. Er behauptet im Gegenteil, dass er fest überzeugt sei von der genuitas operum Aristoteleorum, was auch sagen mögen Nizolius, Picus, Petrus, Ramus u. a. Die Gründe, die Nizolius angibt, sind ihm nicht durchschlagend. Cicero, auf den sich Nizolius in erster Linie als Gewährsmann stütze, könne nicht als solcher gelten. Denn es sei nicht verwunderlich, dass ein Mann wie Cicero als Politiker und Vielbeschäftigter (infinitis curis obrutus) die Gedanken gerade der feinsinnig- sten Philosophen (subtilissimi cuiusdam Philosophi) flüchtig gelesen und daher nicht genügend verstanden habe. ,, Cicero (hie) duo dicit, primum communem esse sententiam quod sint Aristotelis, deinde non negat esse Aristotelis, sed saltem con- icit, posse fortasse esse filii. Haec vero a possibili coniectura communi illorum quoque temporum sententiae nihil praeju- dicare debet".^) Ihm (Leibniz) selbst ist die Echtheit der Aristotelischen Schriften vollständig verbürgt durch jene „perfecta hypothe- sium inter se Harmonia et aequalis ubique methodus velo- cissiraae subtilitatis". In seinem Briefe an Thomasius') „De Aristotele recentioribus reconciliabili" schreibt Leibniz: ,,Quae Aristoteles de materia, forma, privatione, natura, loco infinito tempore, motu, ratiocinatur, pleraque certa et demonstrata sunt, hoc uno fere demto, quae de impossibilitate vacui et motus in vacuo asserit. . . De cetero reliqua pleraque Ari- stotelis Disputata nemo fere sanus in dubium vocabit." 1) N. 1. c. 346. 2) N. IV. VI. Adnotatio. 3) Q. IV. 164. Nizzoli. Mario Alberto Nizolio. Nizolio. Keywords: Cicerone, lexicon ciceronianus, Antonino, Leibniz’s ‘anti-barbaro’. – Refs.: Luigi Speranza: Grice e Nizolio: il thesaurus ciceronianus” – The Swimming-Pool Library.
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